Guy Félix Duportail starb im März dieses Jahres; er hinterlässt ein systematisches Werk, das das phänomenologische Denken mit der Psychoanalyse verbindet. In seinen Büchern Les Institutions du monde de la vie (Die Institutionen der Lebenswelt, 2008), Analytique de la chair (Analytik des Fleisches, 2011) und Existence et psychanalyse (2016) geht es hauptsächlich (aber nicht nur) darum, die Ontologie von Merleau-Ponty mit Lacans Gebrauch der Topologie zu „korrigieren“, damit allen Dimensionen der Existenz Rechnung getragen wird.
Duportail sieht die Notwendigkeit einer solchen Korrektur von Merleau-Pontys Ontologie des Fleisches, weil diese die Räumlichkeit des Subjekts ausschließlich auf dem Begriff des Begehrens gründet, und die Erfahrung der Angst und der Leere beiseite lässt. Um die Dimensionen des Imaginären, des Symbolischen und des Realen zusammen zu halten, brauchen wir eine solche Erfahrung, die erst das Unerwartete einschließt, sonst gehen ise auseinander. Oder in einer topologischen Sprache: im Wirbel des Seins müssen Löcher vorhanden sein, damit der Wirbel auch wirklich eine Bewegung erzeugt. Wenn es kein Loch gibt, ist der Wirbel schwach.
In seiner Existence et psychanalyse schreibt Duportail: „Indem Merleau-Ponty entdeckt, dass unser Sein-in-Situationen in der Welt ein In-den-Wirbel-Sein [être- aux-tourbillons] ist, kann er sich jedoch nicht dazu entschließen, den letzten Schritt zu machen, als würde ihn etwas verhindern, das doch von ihm enthüllte Zentrum des Wirbels zu erreichen. Der Wirbel des Fleisches in Merleau-Ponty mindert seine eigene Kraft, und wenn der Phänomenologe an der inhärenten Negativität des Fleisches scheitert, können wir jetzt sagen, dass der Grund dafür mit dem Todestrieb und dessen Vermeidung zu tun hat.“ (S. 88)
Also Merleau-Ponty vermeidet den Todestrieb. Er ignoriert die zweite Topik von Freud. Er basiert seine Konzeption des Fleisches auf eine Philosophie des Lebens als unendliche Bewegung, als endlose Entwicklung ohne wirkliche Hindernisse. Es gibt nach Duportail ein Primat der Kontinuität bei Merleau-Ponty, und sein Argument ist, dass man das Leben des individuellen Subjekts nicht verstehen kann, wenn man das Moment des Schnittes nicht einschliesst. Sonst hat das individuelle Leben weder Grenze noch Halt. Deshalb die Löcher im Fleisch.
Das Moment des Schnittes ist zugleich auch ein Moment des Knotens, wenn man der Theoriebildung von Lacan folgt. Und das Knoten ist besteht im Nennen: „Bei Lacan bezeichnet der Begriff des Nennens [Nomination] die Knoten-Bewegung des Schnittes.“ (S. 131). Dieser Knoten ist der vierte Knotenring, der die drei Ringe des Imaginären, des Symbolischen und des Realen zusammenhalten soll. Dies erlaubt, die drei sowohl zusammenzuhalten, wie auch sie zu unterscheiden.
Dieser Resümee ist sicher ziemlich kryptisch. Es ist ein erster Versuch, die Sache der Verbindung von Merleau-Ponty und Lacan zu begreifen. Tatsache ist, dass Merleau-Pontys Fleischbegriff Probleme schafft, um die Einheit des individuellen Subjekts zu denken. Ist dafür aber der Todestrieb notwendig? Damit gilt es, sich jetzt auseinanderzusetzen.