Trotz seiner Berührungspunkte mit einer metaphysischen Tradition hat Lacan (in den Fünfziger Jahren z.B. durch sein Interesse an der Kybernetik, seine Hoffnungen auf Gemeinsamkeiten mit Strukturalisten etc.) ein Denken in der Psychoanalyse zu befördern versucht, das auf eine, für die Ontologie zentrale Übereinstimmung zwischen Sein und Denken gerade nicht zielt. Sciacchitano (2004) votiert für eine Würdigung der epistemologischen Beiträge, die Lacan geleistet hat. Die mathematische, im Speziellen topologische Herangehensweise wäre dabei vor allem als eine Abkehr von einer, an der Entdeckung von Wahrheit ausgerichteten Betrachtung zu begreifen.
Wissen ist im Unterschied zu Wahrheit begrenzter, stützt sich auf Techniken, kann fiktional sein und trotzdem wirksam. Das formalisiert festgehaltene Wissen eines wissenschaftlichen Zugangs in der Psychoanalyse im Sinne Lacans kann nicht alles fassen – eine Folge eines „geschwächten“ Binarismus (vgl. Sciacchitano 2008, 38): Darin gilt als wahr, was man weiß, und als falsch, was nicht gewusst wird oder einem Wissen (noch) nicht zugänglich ist (vgl. ebd.).
Sciacchitano, Antonello (2004): Das Unendliche und das Subjekt. Warum man etwas von Mathematik verstehen sollte, wenn man über Psychoanalyse spricht. RISS Extra 4.
Sciacchitano, Antonello (2008): Über den Wert des Falschen. In: Riss 68, 37–50.
Das Sciacchitano-Buch würde ich gern einmal ausschnittsweise gemeinsam diskutieren. Ich bin daran, sagen wir mal, abgeglitten….